Ein nächtlicher Zweikampf an der „Eisernen Hand“  - -geografische Lage:  Gebiet im Stadtwald oberhalb von Koblenz-Stolzenfels -

 

Ritter Kun0 ward für sein tapferes Verhalten in langwieriger Fehde von seinem Herrn, dem Erzbischof von Trier, zum Verwalter des Schlosses Stolzenfels ernannt. Doch die Stille und Ruhe der Burg behagte Ritter Kuno nicht. Viel lieber schweifte er mit seinem ehemaligen Kampfgenossen Robin von Kobern durch die wildreichen Wälder des Hunsrückens, um das edle Waidwerk zu pflegen. Gewöhnlich endigte eine solche Jagd mit einer ausgiebigen Feier auf Burg Kobern, wobei der Moselwein in Strömen floss.

Währenddessen sass die Gemahlin Kunos einsam und verlassen auf Schloss Stolzenfels und grübelte darüber nach, wie sie ihren Mann von den ihr verhassten Zechgelagen abbringen könne. In ihrem Kummer beschloß sie, ihm eine gründliche Lehre zu erteilen.

Wieder einmal ist Ritter Kuno den ganzen Tag über fortgewesen und kehrt zu mitternächtlicher Stunde mit „rauchendem Kopfe“ von Kobern heim. Er achtet kaum des Weges, sondern überlässt sich gänzlich der Führung seines Pferdes, das im leichten Trabe dem heimatlichen Stalle zustrebt.

Eben will es von der alten Hunsrückstrasse in den Weg nach Stolzenfels einbiegen, als ein Ritter in voller Rüstung mit geschlossenem Visier auf den späten Heimkehrer zusprengt. Zuerst glaubt der vom vielen Weingenuß noch vollständig benommene Kuno an einen nächtlichen Spuk. Doch als ihn eine fremde Stimme andonnert: „Wehre dich, wenn dir dein Leben lieb ist!“, da ist er im Nu hellwach. Heil, wie das Schwert aus der Scheide fliegt! Und schon kreuzen sich die Klingen im fahlen Schein des Mondes, der den Kampfplatz gespenstisch beleuchtet. Schlag folgt auf Schlag, und Ritter Kuno, ohne Harnisch, muß seine  ganze Kunst anwenden, um sich der Hiebe und Stiche des Fremden zu erwehren. Doch bald scheint dessen Kampfkraft zu erlahmen. Da – eine plötzliche Unvorsichtigkeit des Unbekannten! Ritter Kuno schlägt zu, und die Schwerthand samt der Waffe des Angreifers fallen klirrend zu Boden. Ein Blutstrahl schießt aus dem Arm hervor, und ohnmächtig sinkt der Getroffene vom Pferde.

Mit einem Satz ist Ritter Kuno bei ihm, denn er will wissen, wer so tapfer mit ihm gefochten; Kein Pappen, keine Helmzier hat es ihm verraten. Doch als er jetzt das Visier des Fremden aufklappt, prallt er entsetzt zurück. „Mein Gott“, stöhnt er auf, „wie ist das möglich?“ Denn der da mit bleichem Antlitz vor ihm liegt, ist kein anderer – als seine eigene Frau.

Rasch ist der Arm verbunden, so dass der Blutstrom aufhört zu fließen. Er entledigt sie der schweren Rüstung, hebt sie auf sein Pferd und bringt sie nach dem Schlosse. Als nach vielen Wochen von ihrer auf so tragische Weise empfangenen Wunde genesen, lässt er ihr eine „eiserne Hand“ anfertigen.

Der Platz aber, wo der nächtliche Zweikampf stattgefunden, sollte für alle Zeiten an die traurige Begebenheit erinnern. Auf einem Steinkreuz lässt Ritter Kuno zwei eiserne Hände anbringen. Die eine Hand zeigt in Richtung Kobern, die andere weist mahnend nach Schloß Stolzenfels hin. Hier, an der Seite seiner Gemahlin, die doch nur aus Liebe zu ihm gehandelt hat, ist fortan sein Platz. Er ist endgültig von den tagelangen Ritten und den nächtlichen Gelagen geheilt.

Heute noch heißt die Stelle, an der das denkwürdige Ereignis stattgefunden hat, die „Eiserne Hand“.